Auftanken, aber auf die andere Art
„Auftanken, aber auf die andere Art“ lautete das Motto des sechsten bundesweiten Treffens der DRK-Suchtselbsthilfegruppen vom 11. bis 13. Oktober 2024 im Veranstaltungssaal des Volksbank-Atriums in Erbach. Über 120 Gäste aus den landesweiten Rotkreuzverbänden, die mit dem Thema Sucht beschäftigt sind, waren auf Einladung des DRK-Kreisverbandes und des DRK-Generalsekretariats in den Odenwaldkreis gekommen und haben sich drei Tage lang fachlich ausgetauscht.
Ziel der Zusammenkunft war es, bisher ungenutzte Potenziale zu erschließen. „Wir können in den angebotenen Workshops bessere Tankstellen kennenlernen als beispielsweise Alkohol und andere Drogen“, hieß es in der Einladung. Sechs Seminare dienten dazu, neue Wege zu entdecken und diese nach Diskussionen im Plenum auch zu beschreiten, falls diese sich als zielführend erweisen.
Im Vordergrund standen laut den Grundsätzen des Roten Kreuzes die demokratische Vorgehensweise und der wertschätzende Umgang miteinander. Intensiv wurden in den Seminaren die Themen Abschied und Trauer, die Aktivierung eigener Ressourcen, die gewaltfreie Kommunikation, die Krisenintervention und das Erlernen und Vermitteln des Auftankens behandelt. Besondere Aufmerksamkeit erhielt das Zürcher Ressourcen-Modell, das versucht Kopf- und Bauchentscheidungen abzuwägen, um schlussendlich zum ausgewogenen Lösungsansatz eines Problems zu gelangen.
Helfen, egal wem
Bei der Eröffnung am Freitagabend begrüßte Georg Kaciala, Präsident des Roten Kreuzes im Odenwaldkreis, die Teilnehmer und sagte: „Die Suchtselbsthilfegruppen des Roten Kreuzes sind gerade in diesen turbulenten Zeiten wichtiger denn je. Menschen mit Suchtproblemen dürfen wir nicht alleine lassen. ‚Helfen, egal wem!‘ , hat unser Gründer Henry Dunant gesagt. Dies verstehen wir als Auftrag und Aufforderung gleichermaßen. Der Mangel an Fachpersonal macht uns zu Machern. Wir sind es, die mit unseren Selbsthilfegruppen, unter der Leitung von DRK-Bundessprecherin Friedel Weyrauch, in die Bresche springen und Leid lindern. Wir sind keine Ärzte und keine Therapeuten. Doch wir haben das Herz am rechten Fleck als Ansprechpartner für alle von Süchten Betroffenen.“
Dann unterstrich Kaciala die Neutralität des DRK: „Wir machen keinen Unterschied zwischen Konsumenten von Alkohol oder Zigaretten, zwischen Anwendern von legalen oder illegalen Drogen. Wer uns anspricht, erhält ein Angebot zu Gesprächen, bekommt Ratschläge und erfährt somit eine erste Hilfe für seine Probleme. Somit stehen wir in diesen aktuell stürmischen Zeiten an vorderster Front im versorgungsmäßig scharfen Wind, der den Notleidenden ins Gesicht bläst. Bei uns darf man sich aufgehoben und angenommen fühlen. Gemäß unseren Grundsätzen unterscheiden wir nicht zwischen Hautfarbe, Geschlecht und Religion. Ob gut gefüllt oder gähnend leer: Der Geldbeutel interessiert uns nicht. Kein DRK-Kreisverband im Land trägt so viel zum Thema Sucht bei, wie wir dies tun. Dies wäre ohne Friedel Weyrauch nicht möglich. Daher mein Dank und meine aufrichtige Anerkennung für diese Leistung.“
Abschließend informierte der Gastgeber: „Die bisher halbe Stelle für die Koordination dieses Leistungsbereiches war bislang beim Generalsekretariat in Berlin angesiedelt. Nun ist man auf unser Engagement aufmerksam geworden und hat uns diese Stelle bewilligt. Somit werden wir ab 2025 die bundesweite Fachauskunft und Koordinierung der Suchtselbsthilfe übernehmen.“
Hilfe zur Selbsthilfe ist ein Meilenstein
Ulrike Würth, Vizepräsidentin des DRK-Bundesverbandes, lobte das große Interesse an diesem Thema und betonte die hohe Kompetenz der Teilnehmer: „Ihre Gruppen können Stabilität und Halt geben. Das ist sehr hoch zu bewerten. Hilfe zur Selbsthilfe ist und bleibt ein wichtiger Meilenstein.“
Norbert Södler, Präsident des DRK-Landesverbandes Hessen, merkte an: „Wenn ich in den Odenwald fahre, finde ich hier in der Suchtselbsthilfe stets eine professionelle Arbeit und ein ehrenamtliches Engagement vor, wie man es in dieser Intensität und Ausprägung bei den anderen DRK-Kreisverbänden in Hessen nicht entdeckt. Ihr packt da an, wo es nötig ist.“ Mit den Worten „Zivilisation bedeutet, sich gegenseitig zu helfen, vom Mensch zu Mensch, von Nation zu Nation“ zitierte Södler Henry Dunant.
Altwerden ist nichts für Feiglinge!
Einen unterhaltsamen Kontrapunkt zu den Grußworten setzte das Darmstädter Satire-Duo Kabbaratz, das mit mehreren kabarettistischen Einlagen die Thematiken des Programms sowie die sich summierenden Jahre des Menschen und deren Begleiterscheinungen auf die ironische Schippe genommen hat.
„Wenn ich unser Gesundheitswesen anschaue, fehlen da ganz viele Puzzleteile. Diese können Sie mit Ihrer wichtigen Arbeit in der Selbsthilfe an vielen Stellen ersetzen“, dankte Landrat Frank Matiaske, der mehrere Vertreterinnen und Vertreter aus der Kreispolitik mitgebracht hatte.
Susanne Schmitt, Geschäftsführerin der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen, wünschte aus Krankheitsgründen per Videobotschaft der Veranstaltung einen guten Verlauf und hob die Punkte des Programms als wichtige Eckpfeiler hervor.