DRK-Leitung aus Ahrweiler dankt für Hilfe aus dem Odenwald
Das Hochwasser brachte 103 Menschen den Tod. In Bad Neuenahr-Ahrweiler waren es 69 Tote, 34 Opfer hatte die Verbandsgemeinde Altenahr zu beklagen und es gibt noch zwei Vermisste. Mindestens 17.000 Einwohner haben ihr Eigentum verloren. So lautet die schreckliche Bilanz der Flut, die in der Nacht von Mittwoch, den 14. Juli, auf Donnerstag, den 15. Juli 2021, das Ahrtal überrollt hat.
Das Rote Kreuz im Odenwaldkreis hatte schnell reagiert, als Hilfsmaßnahme seinen Betreuungszug zur Verpflegung der Helfenden in die Region entsendet und die Bevölkerung zum Spenden aufgerufen. Hierbei war die Summe von 60.300 Euro zusammengekommen, die eine hiesige DRK-Delegation dem Roten Kreuz in Ahrweiler in Form eines Schecks übergeben hatte.
Kürzlich waren Kreisgeschäftsführer Ullrich Bergmann und Präsident Achim Haag von der Rotkreuz-Partnerorganisation Ahrweiler nach Erbach gekommen, um sich mittels eines Vortrages zur Chronologie der Geschehnisse und einem Ausblick in die Zukunft der Region beim Kreisverband und den Spendern zu bedanken. Mit dabei hatten die beiden Fachleute eindrucksvolles Fotomaterial, welches das Szenario jener Tage dokumentierte und anschaulich machte. Auf Bilder von Toten und Verletzten hatten sie bewusst verzichtet.
„Eine solche Katastrophe waren wir einfach nicht gewohnt. So etwas hatte noch niemand hier erlebt“
– DRK-Präsident Achim Haag
Trotz der zeitlichen Distanz war die Emotionalität der Referenten deutlich zu spüren: „Eine solche Katastrophe waren wir einfach nicht gewohnt. So etwas hatte noch niemand hier erlebt“, sagte DRK-Präsident Achim Haag. „Abgesehen von allen Fehlern und dem schon vorausgegangenen Starkregen: Die Ahr hat sich wieder den Platz genommen, den wir ihr in einhundert Jahren abgerungen haben.“
Gebäude als tödliche Gefängnisse
Durch den Druck der Wassermassen und des Treibguts, das als Geschosse fungierte, wurden 18 Brücken weggerissen, Wasserwalzen unterspülten Häuser und hoben sie aus ihren Fundamenten. Gebäude wurden zu tödlichen Gefängnissen. „Denn aus vollgelaufenen Kellern und gefluteten Tiefgaragen kamen viele Bürger nicht mehr heraus“, wusste DRK-Kreisgeschäftsführer Ullrich Bergmann zu berichten.
Auch habe es ewig gedauert, bis aufgrund langer Vorlaufzeiten endlich Hubschrauber mit Winden eintrafen, um die Menschen von ihren Dächern zu retten. Für viele kam die verzögerte Hilfe zu spät. Eines der kleinen Straßendörfer, das Haag in seiner Lage mit der Enge eines Alpentales verglich, wurde durch eine Wasserhöhe von elf Metern geflutet.
„Die Pegelstände konnte man nur an den Schlammlinien schätzen, denn die Messsysteme waren weggerissen“, erklärte Bergmann. Eine Einrichtung, in der Menschen mit Behinderung lebten, wurde vollkommen geflutet, die Menschen ertranken. Ein Eingreifen war nicht mehr möglich.
Matsch, Öl und Fäkalien
Lob erteilte Achim Haag allen Organisationen wie Rotem Kreuz, den Feuerwehren, dem Technischen Hilfswerk und der Bundeswehr sowie spontan privat Helfenden, die ohne hierarchisches Denken oder Rivalitäten beispielhaft zusammen gearbeitet hatten: „Dies in einer stinkenden, kontaminierten Masse aus Matsch, Öl und Fäkalien. Frischwasser und Lebensmittel gab es nicht mehr, auch war der Strom ausgefallen.“
„Katastrophentauglichkeit lautet das Gebot der Stunde.“
– DRK-Präsident Achim Haag
Vier mobile Kläranlagen des Internationalen Roten Kreuzes machten ein Leben einigermaßen möglich. Eine Gemeinde im Ahrtal war zehn Tage von der Außenwelt völlig abgeschlossen. „Viele Helfer benötigten psychologische Hilfe, denn die Bilder bekamen sie nicht aus den Köpfen und Herzen. Das war ein Konglomerat aus Erschöpfung, Frustration und Verzweiflung. Heute haben wir fast wieder alles, bis auf Handwerker, Baumaschinen und Material. Wir müssen lernen und Strukturen schaffen, die uns unabhängig vom Internet und digitaler Technik machen. Denn es fehlt an analogen Rückfallebenen. Katastrophentauglichkeit lautet das Gebot der Stunde. Es ist nicht die Frage, ob nochmal so was passiert, sondern wann!“, warnte Achim Haag.
Hilfe zur Selbsthilfe
Die freundschaftliche Verbindung der beiden DRK-Kreisverbände bleibt bestehen, die Odenwälder unterstützen ihre Kolleginnen und Kollegen von der Ahr beim Aufbau von Selbsthilfegruppen, denn hierbei ist die lokale Hilfsorganisation federführend im Landesverband Hessen.
„Möglich, dass wir unsere Geheimwaffe dazu entsenden. Denn Friedel Weyrauch, DRK-Bundessprecherin aller Selbsthilfegruppen im Deutschen Roten Kreuz, ist mit ihrer langjährigen Erfahrung genau die richtige Person“, sagte Georg Kaciala, Präsident des DRK-Kreisverbandes Odenwaldkreis, am Ende der eindrucksvollen und nachdenklich stimmenden Veranstaltung im Lehrsaal des Rotkreuz-Hauses und betonte die wichtige Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt.