Kaufen kann doch keine Sucht sein, oder?
Tatsächlich kann Kaufen Suchtcharakter bekommen und für Betroffene zum großen Problem werden, wenn der innere Zwang, kaufen zu müssen, und die ständige Wiederholung der Kaufhandlung überwiegen. Das Phänomen der Kaufsucht wurde bereits 1909 beschrieben. Kaufzwang, auch Kaufwahn, Kaufrausch oder pathologisches Kaufen genannt, ist eine psychische Störung bei Konsumenten, die sich als zwanghaftes, episodisches Kaufen von Waren äußert.
Kaufzwang wird ähnlich wie pathologisches Spielen oder der Arbeitszwang nicht als eigenständige Krankheit gesehen, sondern zu den »nicht stoffgebundenen Abhängigkeiten« oder zu den Zwangsstörungen gerechnet.
Eine Störung der Impulskontrolle liegt dem Kaufzwang zugrunde. Dem Kauf geht häufig ein Gefühl starker Erregung oder Spannung voraus, gefolgt von tiefer Befriedigung und Glück. Es geht den Betroffenen um den Akt des Kaufens, nicht um das Gekaufte. Die Sinnlosigkeit des Handelns ist den Kaufsüchtigen klar. Willensanstrengungen (»Zusammenreißen«) helfen gleichwohl nicht. Wird der/die Betroffene an der Kaufhandlung gehindert, kommt es zu Entzugserscheinungen. Meist wird eine bestimmte Warengruppe (z. B. Schuhe) bevorzugt.
Die weit über den Bedarf hinaus gekauften Gegenstände werden oft unausgepackt in der Wohnung gelagert oder gar weggeworfen.
Die Probleme liegen tiefer
In vielen Fällen liegen tiefer verwurzelte Probleme zugrunde, die sich bei Betroffenen in unkontrolliertem Kaufen von Waren und Dienstleistungen äußert. Oft sind es aber auch besondere Schlüsselereignisse wie persönliche Schicksalsschläge, die Menschen aus der Bahn werfen und in eine Kaufsucht treiben. Was alle Patienten vereint, sind belastende Gedanken und Gefühle, Frustration oder Einsamkeit, die durch den Erwerb von Konsumgütern verdrängt werden sollen. Zwanghaftes Kaufen und Horten kann auch im Zusammenhang mit dem Messie-Syndrom auftreten.
Nach längerem Verlauf treten Ängste, Schuldgefühle und Depressionen hinzu, die durch die unweigerlich eintretenden finanziellen Probleme verschärft werden. Aus einem jahrelang anhaltenden Kaufzwang entstehen oft verheerende Folgen: Überschuldung oder Insolvenz, sozialer Rückzug und Sammelwut, teilweise wird sogar der Weg in die Kriminalität eingeschlagen.
Nur du kannst es schaffen, aber du schaffst es nicht alleine!
In Deutschland waren einer Studie zufolge 5 % der erwachsenen Bevölkerung in den westdeutschen und ca. 1 % der Bevölkerung in den ostdeutschen Bundesländern »stark kaufsuchtgefährdet«. In Deutschland ist Kaufzwang bislang nicht als eigenständige Krankheit anerkannt; die am häufigsten gewählte Behandlungsmethode ist, einer Selbsthilfegruppe beizutreten, wo man von ehemalig Betroffenen beraten, betreut und verstanden wird. Die Behandlung basiert in der Regel auf Verhaltenstherapie und sozialen Hilfen
Gemeinsam arbeiten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an praktischen Dingen:
- Wie kann ich künftig angemessen mit Geld umgehen?
- Was tue ich, wenn mich die Kauflust doch wieder packt?
Zum Bewältigen dieser speziellen Sucht gehört beispielsweise auch, bar zu bezahlen (anstatt mit Kreditkarte) – so gibt man Geld bewusster aus.
Verständnis und Unterstützung
Die DRK-Selbsthilfegruppe wurde von zwei Betroffenen initiiert, die sie auch weiterhin unterstützen und begleiten.
Der Besuch unserer Selbsthilfegruppe wirkt einer möglichen Verstärkung des Krankheitsbildes entgegen. Wir unterstützen uns auf dem Weg durch die allgegenwärtigen Versuchungen der Konsumwelt. Wir stärken uns gegenseitig im Umgang mit unseren Problemen und finden so zurück zu mehr Eigenverantwortung, Selbstvertrauen und Standhaftigkeit.
Offen für alle
Neue Mitglieder können jederzeit ohne weitere Vorbedingungen oder Anmeldung zu uns kommen. Ehrensache: Die Inhalte der Treffen werden streng vertraulich behandelt! Teilnahme und Redebeiträge sind freiwillig.
Selbstverständlich stehen wir aber auch für ein Vorgespräch zur Verfügung, um die Angst vorm Einstieg zu erleichtern. Melden Sie sich bei Bedarf doch einfach bei uns!